Title Thumbnail

Anselm Feuerbach

9781465684615
213 pages
Library of Alexandria
Overview
Rom! Was lag und was liegt für den Deutschen in diesem Worte! Jahrhundertelang war es das Ziel deutscher Helden, jahrhundertelang dann das Sehnen deutscher Geister, und noch uns ist es der ewige Hort antiker Kultur. Mit so vielen guten deutschen Namen ist Rom untrennbar verknüpft, nicht immer zum Glück für den Träger. So mancher hat sich in Rom verloren, geblendet von der Sonnenhöhe seiner Kultur; so mancher zog enttäuscht heim, da er nicht Wurzel fassen konnte in römischem Boden; doch vielen ward Rom eine Offenbarung und ein Führer in ihrem Schaffen. Zu diesen zählt auch Anselm Feuerbach. Der große Künstler geht oft, seltsam und rätselhaft, aus den unteren Schichten des Volkes hervor. Die unverbrauchte Schaffenskraft ganzer Geschlechter scheint in ihm angehäuft und macht ihn zum kraftvollen Bahnbrecher. Ganz anders bei Feuerbach. Sein Erscheinen ist Erfüllung. Er krönte und beschloß die Arbeit eines ganzen Geschlechtes von höchster Kultur. Was Feuerbachs Schaffen leitete, das war nicht die frische unmittelbare Naturkraft, sondern höchste Kultur. Der Geist hellenischer Schönheit und Lebenshöhe, der dem Elternhause das Gepräge gab, wurde auch für sein Leben und Schaffen bestimmend: Die Antike ist ihm Erlebnis. Mit seinem Wesen und Werden verwachsen, gibt sie seinem Werk die Richtlinie. Sie überdauert den Einfluß der Schulen und den Wechsel der Technik; sie weicht keiner noch so maßlosen und ungerechten Kritik, und sie führt ihn in zielsicherem Fortschreiten zu den Gipfeln seiner Meisterschaft. Gerade die Höhe seiner Kultur bewahrt Feuerbach vor jeder äußeren stofflichen Abhängigkeit vom Altertume. Ja, die Gewänder einer Medea, Iphigenie, so rein griechisch sie auf uns wirken, sind durchaus freie Schöpfungen und widersprechen der Überlieferung. — Es war gut, daß schon das Vaterhaus der Kunst Feuerbachs den Leitstern gab. Ihm waren ja nicht nur die Segnungen, sondern auch die Hemmungen einer hohen Familienkultur geworden. Eine übergroße Empfindlichkeit und Reizbarkeit verbitterte ihm schon frühzeitig manche Stunde und machte den Mann zu einem Einsamen, noch ehe er des Lebens Höhe erreicht hatte. So war es denn ein Segen, daß ihm ein so qualvolles Ringen um seinen Ausdruck — wie es einen Marreés vernichtete — erspart blieb; es hätte auch ihn vor seiner Erfüllung hinweggerafft.