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Die Stimme: Roman in Blättern

9781465666673
213 pages
Library of Alexandria
Overview
Wenn ich nun mein Leben schreibe für dich, wie du es willst, so wird das ja dann wohl ein »Buch«? Wenn es denn schon ein Buch werden soll, so wünschte ich, es würde eines wie das, von dem Flaubert träumte: »– ein Buch, ohne jeden äußeren Rückhalt, das sich durch sich selber halten würde, aus der inneren Kraft seines Stils, wie die Erde in der Luft schwebt, ohne gestützt zu werden, ein Buch, das fast keinen Stoff hätte, oder in dem der Stoff fast unsichtbar wäre, wenn das möglich ist.« Wenn das möglich ist. Möglich aber ist es, so will mir scheinen, nur dann, wenn es notwendig ist. Wenn es nicht anders geschehen konnte, denn eben so. Wenn der Stoff sich unter den Händen von selbst auflöste in lauter – Stimme. Also ein Buch der Stimme, ein Stimmungsbuch. Stimmung, die der »Handlung« nicht entbehrt, sie aber in sich aufgenommen und aufgelöst hat. Gewöhnlich ist's umgekehrt: Stimmung ist eingewoben in Handlung. Dies Buch, von dem Flaubert träumt, müßte seinen materiellen Stoff aufgelöst haben in sich zu lauter Stimme, Seele, Hauch, – anima. Solche Bücher aber werden nicht vorsätzlich geschrieben. Sie werden diktiert. Von irgendwoher. Und wie von selbst entstehen sie unter diesen wie zu Medien gewordenen Händen. Eine Melodie klingt auf und nimmt ihren Weg. »Wem gehört sie an – dem Vogel? Oder wer leiht sie ihm nur?« Und welch ein Zustand, der sie ausklingen und entströmen macht? Dieser Zustand – nicht selbst schon Stoff? Stoff, nicht vom Staube geboren und zum Staube gehend: Aus dem Geiste geboren und zum Geiste gehend. Und der Staubgeborene, über den er kommt, dieser Zustand, ist dann außer dem Staube, außer sich, – ekstatisch. Wie es über mich kommt, will ich schreiben. In kurzen oder langen Zusammenhängen, in wehenden wirbelnden Blättern oder in treulich geführter Chronik. Wie es über mich kommt. Wie es mir – diktiert wird. Vorsatzlos will ich bleiben.