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Kultur-Kuriosa (Complete)

9781465652522
213 pages
Library of Alexandria
Overview
Die Richtigkeit dieser Worte des Mephistopheles wird wohl kaum jemand ernstlich bestreiten wollen, und es hieße Eulen nach Athen tragen, durch Sammlung moderner Ideen aus der Vorzeit eine gar nicht bestrittene These zu beweisen. Etwas anderes ist es auch, was wir hier versuchen, etwas viel Einfacheres, aber auch etwas viel weniger Bekanntes: wir wollen zeigen, daß eine nicht geringe Zahl von Erfindungen, Entdeckungen, technischen Errungenschaften und Einrichtungen, die wir für gewöhnlich als Neuerwerbungen der Gegenwart betrachten, auf deren Besitz wir uns vielleicht sogar viel einbilden, schon ein respektables Alter aufzuweisen haben. Andrerseits werden wir einiges finden, was wir nicht erwartet hätten. In zwangloser Anordnung sei eine Reihe solcher Fakten aufgezählt: Einer der ältesten bekannten Tunnel scheint der des Königs Hiskia von Jerusalem aus dem siebenten vorchristlichen Jahrhundert zu sein. Dieser heute noch erhaltene Siloah-Tunnel ist von beiden Seiten her in den Stein gegraben. Zwar hielt der Kanal die gerade Linie nicht ein, erreichte vielmehr statt einer Länge der Luftlinie von 335 m eine solche von 535 m, aber die Wagerechte wurde erstaunlich gut gewahrt, denn der gesamte Höhenunterschied beträgt nur 30 cm. Annähernd in der Mitte trafen sich die von beiden Seiten vordringenden Steinhauer. Gar aus der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends ist der große Tunnel in Gezer in Palästina mit einer Wölbung wie die Londoner Untergrundbahn. Er stieg 94 Fuß unter den gewachsenen Felsen. So neu der Gedanke der Schienen uns erscheinen mag, er ist es keineswegs. Man hatte sie bereits im Altertum, und zwar – der jetzigen ausschließlich auf Eisen- und Straßenbahnen sich beschränkenden Anwendung gegenüber fast ein Vorzug – vielfach auf stark befahrenen öffentlichen Straßen. Man stellte diese Geleise durch Einschnitte in den Boden her. Solche gab es z. B. an den Toren von Athen, auf dem Wege, der direkt vom Piräus nach der Agora führte, sogar die römische Alpenstraße in den Dauphiné-Alpen zeigt deutliche Spuren! Desgleichen Straßen im Hauran̄, wie mir ein Reisender mitteilte. Die Ähnlichkeit dieser in den steinigen Boden eingegrabenen Geleise mit unseren Schienen wird noch vervollständigt durch die Anlage von richtigen Ausweichkurven, die, im gehörigen Abstand angelegt, das Kreuzen zweier Wagen auf dem einzigen Geleise gestatteten. Die Spurweite war in Griechenland, bzw. in allen unter griechischem Einfluß stehenden Ländern wohl überall ganz gleich, auf der in Frankreich entdeckten römischen Straße betrug die Entfernung der Einschnitte voneinander genau 1,44 m, also etwa soviel, wie bei unseren Vollbahnen! Quellensucher, ob mit oder ohne Wünschelrute, gab es ebenfalls bereits im Altertum, und zwar in zunftmäßigen Verbänden. Einzelne dieser Leute begleiteten sogar die Heere, um im Notfalle durch sofortige Bohrungen Trinkwasser zu beschaffen. Im heutigen Algier haben sich die Spuren zahlreicher Brunnen gefunden, die nunmehr von den Franzosen wieder instand gesetzt wurden. Ihnen war es zu danken, daß in der Wüste Oasen sich bildeten, die mit dem Verfall der Brunnen im Jahrtausend der Barbarei wieder dem glühenden Sande weichen mußten. Nachweislich haben die Römer im ungünstigen Terrain der afrikanischen Wüste gegen 200 m tiefe Bohrungen mit größtem Erfolge angestellt. Dabei ist es uns völlig rätselhaft, sowohl wie sie die Stelle der unterirdischen Wasseradern erkannten, als auch wie sie die technischen Mittel besaßen, die Bohrungen durchzuführen.