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Seekriege und Seekriegswesen (Complete)

9781465651600
208 pages
Library of Alexandria
Overview
Im Altertum hat sich das Seewesen zu einer hohen Blüte entwickelt. Der Seehandel verband alle Völker am Mittelmeer auf das engste, die Herrschaft auf ihm spielte eine wichtige Rolle in der Geschichte der Staaten, und infolgedessen wurden auch Seekriege geführt, die von großer Bedeutung waren. Der Bau von Kriegsschiffen — Ruderschiffen — erreichte eine bemerkenswerte Höhe, stehende Marinen wurden geschaffen, in denen die Ausbildung des Personals und die Taktik eine gewisse Vollendung erlangten. Im Mittelalter tritt das Seekriegswesen gegen das Altertum zurück. Es stand im allgemeinen nicht auf gleicher Höhe, Seekriege von solcher Bedeutung wie dort sind im Mittelalter nicht geführt worden. Zwischen dem Altertum und dem Mittelalter wurde die Entwicklung des Seewesens durch die Völkerwanderung gewaltsam unterbrochen; es mußte sich fast ganz von neuem ausbilden. Von dort an aber geht die Entwicklung ununterbrochen weiter bis zur Gegenwart, und es tritt, besonders auch für die Kriegsschiffe, die Segelschiffahrt nach und nach in den Vordergrund. In den letzten Jahrhunderten (dem 14. und 15.) dieses Zeitabschnittes bereitet sich die Ausdehnung der Schiffahrt auf die Ozeane vor. Es erscheinen die Völker auf dem Meere, die seit der neueren Zeit als Seemächte eine Rolle spielen; es wird schließlich gegen das Ende des Mittelalters die Hauptwaffe der Gegenwart, die Artillerie, in größerem Maße an Bord der Schiffe eingeführt. So wird der Abschluß des Mittelalters auch in Hinsicht auf das Seewesen ein Zeitpunkt von höchster Bedeutung. Die Ausdehnung der Schiffahrt. Schon in der frühesten Zeit haben die Phönizier den Grund zu einer umfangreichen Schiffahrt gelegt. Von etwa 1500 bis 1100 v. Chr. blühte ihr Handel unter der Führung der Stadt Sidon im Ostmittelmeer, sie waren aber auch schon ins Westmittelmeer vorgedrungen; von 1100 bis 800, zur Zeit der Vorherrschaft der Stadt Tyros, beherrschten sie die Seefahrt im Westmittelmeer durch harte Maßregeln. Von etwa 1100 an wurden sie im Osten nach und nach von den Griechen überflügelt, und als sie sich von 800 an, geschwächt durch beständige Kriege im Heimatlande, im Westmittelmeer nicht mehr halten konnten, traten dort ihre Pflanzstädte, besonders Karthago, an ihre Stelle. — Aber auch über das Mittelmeer hinaus erstreckte sich die Seefahrt. Die Phönizier schon und später ihre sowie griechische Pflanzstädte im Westen befuhren die Küsten des Atlantik, nach Süden bis zum Senegal und Gambia, wobei auch die Kanarischen Inseln entdeckt wurden (Karthago), nach Norden bis zum Englischen Kanal. Im weiteren Verlauf ging die Schiffahrt bis zum Norden Englands und in die Nordsee (der Massilier Pytheas umsegelte bereits um die Mitte des 4. Jahrh. v. Chr. Großbritannien). Im Osten besuchten die Ägypter schon um 2100 v. Chr. die Küsten Afrikas südlich vom Roten Meere; dieser Verkehr, durch Verfall des Reichs unterbrochen, wurde in der 18. Dynastie, etwa 1600 v. Chr., wieder aufgenommen und später durch Phönizier unter dem Schutz arabischer und ägyptischer Herrscher nach Osten bis Indien ausgedehnt; zur Ptolemäerzeit betrieben die griechischen Kaufleute Ägyptens regelmäßigen Seehandel nach Indien, sie sind wahrscheinlich sogar im 1. Jahrh. n. Chr. bis zur Mündung des Jangtsekjang vorgedrungen. Dieser Seeverkehr mit den Küsten Asiens — dem „Indien“ des Altertums und Mittelalters — ist bis in die byzantinische Zeit aufrecht erhalten, der von den Ptolemäern vollendete Kanal zwischen dem Mittelmeere und dem Roten Meere war mindestens bis ins 6. Jahrh. n. Chr. in brauchbarem Zustande; erst die Eroberung Ägyptens durch die Araber 640 n. Chr. brach die unmittelbare Seeverbindung der Byzantiner und damit auch des Abendlandes mit Indien ab.