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Die seltsamen Geschichten des Doktor Ulebuhle

9781465649669
201 pages
Library of Alexandria
Overview
Der deutschen Kinderwelt steht eine Fülle von wundervollen Märchendichtungen zur Verfügung. Sie alle sind so gemütvoll, anziehend und phantasiereich, ja zum Teil (insbesondere für den Erwachsenen) so reich an ernsten Gedankengängen, daß sie auch in unserer immer materialistischer werdenden Zeit das Herz des Kindes wie des Erwachsenen, der sich ein Plätzchen für das Stille und Beschauliche bewahrt hat, mit Freude erfüllen werden. Dennoch entgeht es wohl dem tiefer Blickenden nicht, daß die Jugend des zwanzigsten Jahrhunderts, insbesondere die Großstadtjugend, und auch da wieder vor allem die Buben, sobald der erste Schmelz der Kindlichkeit dahin ist, kein rechtes Verhältnis mehr zu diesen Märchen gewinnt. Es geht dem alten poesievollen Märchen so ähnlich wie dem so reizenden Kasperletheater unserer eigenen Jugendtage: Die oft recht wenig poesievolle und noch weniger zum Kinderherzen sprechende flimmernde Leinwand hat es zum alten Eisen geworfen. Die Zeiten haben sich geändert! Man kann das bedauern, aber schwer ungeschehen machen. Das Kind des zwanzigsten Jahrhunderts hat einen starken Wirklichkeitssinn und eine große Hinneigung zu technischen Dingen, mit denen es ja auch tagtäglich – zum mindesten in größeren Orten – in engste Berührung kommt. Kein Wunder, daß es mit einer mechanischen Eisenbahn lieber spielt als mit dem hölzernen Harlekin, der einmal unsere Freude war, und kein Wunder auch, wenn es spannend geschriebene Erzählungen, in denen moderne technische Wunder und aufregende Abenteuer eine Rolle spielen, lieber liest als das Märchen vom Wolf und vom Rotkäppchen, das sein Wirklichkeitssinn einfach als „unsinnig“ beiseite schiebt, während wir Großen erst wieder das Symbolische darin zu würdigen wissen. Aus solchen Erwägungen heraus sind die vorliegenden Geschichten entstanden. Es sind gewissermaßen naturwissenschaftliche Märchen. Märchen nur der Form nach; ihr Kern besteht aus leicht faßlichen naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen und Erfahrungen, und wenn die Kinder dieses Buch mit einigem Interesse (wie ich hoffen darf) gelesen haben werden, so haben sie eine ganze Masse dabei gelernt und sich doch gut unterhalten. Auch der Humor und eine kleine moralische Nutzanwendung kommen da und dort zu ihrem Recht. Als ich vor nunmehr zwanzig Jahren zum erstenmal den Versuch machte, in der hier vorgetragenen Weise das „Märchen des zwanzigsten Jahrhunderts“ zu schaffen, fanden die wenigen Proben eine so allgemein günstige Aufnahme, daß ich den oft mir geäußerten Wünschen, einen ganzen Band solcher Erzählungen herauszugeben, glaubte nachkommen zu sollen. Wozu mir schöne Friedensjahre nicht Zeit ließen, das entstand dann in langen Kriegsjahren draußen „an französischen Kaminen“. Im Kriege ersonnen, in Revolutionstagen niedergeschrieben, mögen diese Erzählungen, das ist mein Wunsch, den deutschen Kindern, die nicht minder schwer als wir Großen die Härte der Zeit gespürt, ein wenig Freude und ein wenig Sonnenschein bringen.