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Rabeh und das Tschadseegebiet

9781465638397
108 pages
Library of Alexandria
Overview
Rabeh ist ein Sohn des egyptischen Sudan, und hier liegt auch der Beginn seiner Geschichte. Bis zum Jahre 1879 war sein Leben eng verknüpft mit dem des vielgenannten Sklavenfürsten Zuber Pascha, der während der Regierung des Chedive Ismaïl eine grosse Rolle im egyptischen Sudan gespielt hat. Eine kurze Betrachtung der Geschicke Zubers, der gleichfalls für afrikanische Verhältnisse ein bedeutender Mann genannt werden muss, ist für die Darstellung des Entwicklungsganges Rabehs unerlässlich. Zuber ist kein Neger, sondern ein Araber aus dem Stamme der Djimeab, der sich rühmt, zu den Kuraischiten, also den Nachkommen der Stammesgenossen des Propheten Muhammed, zu gehören; er leitet seine Abstammung von Abbas her, einem Onkel des Propheten. Die Djimeab gehören zu den Djealin, mit welchem Namen im egyptischen Sudan im Gegensatze zu den hamitischen Bestandteilen der Bevölkerung und den Negern die Nachkommen ursprünglich arabischer Einwanderungen bezeichnet werden, die dann natürlich im Laufe der Zeiten durch Vermischung mit schwarzem Blut neben dunkler Hautfarbe starke Abweichungen von dem rein arabischen Typus entwickelten, aber sich doch in ihrem Aussehen von den anderen sudanesischen Völkerschaften scharf unterscheiden. Die Djealin finden wir seit über einem Jahrtausend am oberen, nubischen, Nil, in Sennar, in Darfur u. s. w., in einzelnen Familien oder auch in kleineren Stammesverbänden. Der Sitz der Djimeab ist seit langer Zeit ein Dorfdistrikt gleichen Namens am Nil oberhalb Dongola gewesen. Selbst während der Mahdisten-Herrschaft haben sich dort Verwandte Zubers, natürlich unter Anerkennung der neuen Machthaber, gehalten. Zuber zählte zu den Djellaba, die ihre kaufmännischen Unternehmungen und Handelszüge weit nach den südlicher gelegenen Negerdistrikten hin zu richten pflegten. Den Hauptartikel, der neben Elfenbein, Straussenfedern, Gummi verhandelt wurde, bildeten die Sklaven. Diese wurden entweder gekauft, oder, falls die Gelegenheit sich bot und genügende Machtmittel vorhanden waren, erjagt. Zu diesem Zwecke schlossen sich gewöhnlich verschiedene Djellaba unter der Führung eines besonders kühnen Mannes zusammen. Schweinfurth fand im Jahre 1868 im Bahr el Ghazal neben einer Unzahl kleiner Händler fünf grosse Sklavenjäger, welche dort das Monopol des gewinnbringenden Handels mit Menschenfleisch sich anmassen konnten. Der Mittelpunkt des sudanesischen Handels war Chartum. Die erbeuteten Sklaven wurden nilabwärts oder nach Darfur und nach dem Hedjaz gesandt. Unter jenen fünf grossen Sklavenhändlern war schon zu Schweinfurths Zeit Zuber fast allmächtig im Bahr el Ghazal. Bald darauf gewann er in solchem Maasse die Oberhand über die anderen Sklavenhändler, dass er als der unumschränkte Herr des Bahr el Ghazal angesehen werden musste. Die Ausübung der egyptischen Herrschaft über diesen Bezirk bestand Zuber gegenüber nur noch in einer Art Oberlehnshoheit. Aus einem Teile der eingefangenen und der bei ihm geborenen Sklaven und auch aus freiwilligen Gefolgsleuten hatte er sich eine achtunggebietende Truppe gebildet, die mit Feuerwaffen, zum Teil sogar mit guten Gewehren und kleinen Kanonen ausgerüstet war. Diesen Soldaten vermochten die Negerstämme keinen nennenswerten Widerstand entgegenzustellen. Kleinere Truppenabteilungen genügten, um grosse Gebiete zu terrorisieren, und, nachdem genügend lebendige Beute gemacht worden war, dauernd in Schach zu halten. In dem eroberten Gebiete wurden Zeriben errichtet: durch Erdwälle und hochaufgetürmtes Dornwerk befestigte Plätze, welche die Sitze der Truppenführer Zubers und gleichzeitig die Sammelstellen für die aus dem umliegenden Gebiete eingebrachte Beute wurden. Daneben waren die Zeriben die Centralpunkte für friedfertige Djellaba, die von hier aus Handel mit europäischen Waren trieben, welche sie gegen die Erzeugnisse der Eingeborenen, aber auch gegen Sklaven, eintauschten.