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Cölestine, oder der eheliche Verdacht (Complete)

9781465598851
248 pages
Library of Alexandria
Overview
Die Morgensonne leuchtete mit goldener Klarheit über der schönen und großen Stadt Wien. Es ist das Wasserglacis wohin wir uns zum Eingange dieser Erzählung versetzt sehen. Sie kennen doch das Wasserglacis, meine liebenswürdigen Leserinnen, oder mindestens haben Sie davon bereits gehört; Sie wissen also so viel als nöthig ist, nämlich: daß dieses Wasserglacis am Morgen und Vormittags einen der lieblichsten, der herrlichsten Plätze Wiens bildet — des Nachmittags und zur Abendzeit hingegen unter die abscheulichen und vermeidenswerthen Punkte der großen deutschen Metropole gehört — dies, meine holden Leserinnen, werden Sie wohl schon gehört haben. — O schreckliche Wasserglacis-Nachmittage — da sich dort parfumirte Ladendiener, geniale Vagabonden, gutmüthige Limonadetrinker und buntbetakelte alte Kokotten versammeln, in deren Reihen sich einige honette Menschen verirren, wie Fettaugen in eine Gasthaussuppe! — Wie oft hat man das Wasserglacis mit dem Volksgarten in eine Linie zu stellen versucht und diesen letzteren den Bruder von jenem genannt! Ach, das war ein schmähliches Unrecht, welches man dem ehrenwerthen Volksgarten anthat. In diesem hat zu jeder Zeit das bessere — um nicht geradezu zu sagen: das edlere — Element überwogen, was man vom Wasserglacis und dessen Abendunterhaltungen nicht sagen kann — außer, wir wiederholen es, am Morgen und dann noch allenfalls an gewissen Tagen, wenn nämlich von dem Entrepreneur eine Barriere rund um den Platz herum gezogen wird, welches das einzige Mittel ist, (nicht gewisse Leute abzuhalten, sondern) bessere Gesellschaft anzuziehen. Zur Zeit des Frühjahrs werden jeden Tag hübsche Konzerte auf dem Wasserglacis abgehalten. Hieher strömen dann von der vornehmen und mittleren Welt alle Diejenigen, welche eine Morgenpromenade machen, das Frühstück im Freien nehmen, irgend eine Negotiation bei einem Glase Champagner verrichten oder aber — jetzt hat dieser Ort sogar seine ehrwürdige Seite — Mineralwasser trinken wollen, denn mit letzterem Artikel ist man hier in allen Sorten versehen. — Es war an einem eben solchen Vormittage, als zwei Herren, deren einer älter, der andere noch ein Jüngling war, in raschen Schritten und eifrigem Gespräche sich dem Etablissement näherten und ungefähr in der Mitte desselben an einem kleinen Tische Platz nahmen. Zufällig oder absichtlich hatten sie sich in den am stärksten bevölkerten Theil des Ortes begeben, was jedoch — sollte es mit Vorsatz geschehen sein — nur durch den ältern Herrn bewirkt worden war, denn sein junger Begleiter schien seit einigen Augenblicken in tiefes Nachsinnen zu versinken.