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Die Republik Des Südkreuzes

Novellen

9781465518040
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Library of Alexandria
Overview
Artikel der Spezialnummer des „Nordeuropäischen Abendblattes“ IIn letzter Zeit erschien eine ganze Reihe von Beschreibungen jener entsetzlichen Katastrophe, welche die Republik des Südkreuzes heimsuchte. Sie sind einander überraschend unähnlich und geben nicht wenig offenbar phantastische und unwahrscheinliche Begebenheiten wieder. Die Zusammensteller dieser Beschreibungen verhielten sich augenscheinlich zu leichtgläubig gegenüber den Berichten jener Bewohner der Sternenstadt, die sich gerettet hatten, und die, was ja bekannt ist, alle von einer psychischen Störung betroffen wurden. Darum also halten wir es für nützlich und zeitgemäß, die Summe aller glaubwürdigen Nachrichten, die uns bislang von der Tragödie auf dem Südpole bekannt wurden, zu ziehen. Die Republik des Südkreuzes entwickelte sich vor etwa vierzig Jahren aus 300 in den südpolaren Gebieten gelegenen Stahlfabriken. In einem Zirkular, das allen Regierungen des Erdballes zugesandt wurde, erhob der neue Staat Ansprüche auf alle Länder, ob sie nun kontinentalen oder insularen Charakters waren, die in dem Bezirke des südpolaren Kreises lagen, wie auch auf jene Teile dieser Länder, die über dieses Gebiet hinausragten. Er erklärte sich bereit, diese Länder von den Regierungen käuflich zu erwerben, unter deren Protektorate sie standen. Die Prätensionen der neuen Republik begegneten keinem Widerstand von seiten der fünfzehn Großmächte der Erde. Einige strittige Punkte betreffs weniger Inseln, die außerhalb des Polarkreises lagen, dennoch aber eng an das südpolare Gebiet grenzten, erforderten besondere Traktate. Nach Erfüllung verschiedener Formalitäten wurde die Republik des Südkreuzes in die Familie der Weltherrschaften aufgenommen und ihre Vertreter bei den in Frage kommenden Regierungen akkreditiert. Die Hauptstadt der Republik, die den Namen der Sternenstadt erhielt, war am Pole gelegen. An jenem gedachten Punkte, den die Erdachse berührt und wo alle Meridiane zusammentreffen, stand das städtische Rathaus, und die Spitze seines Fahnenmastes war zum Zenith des Himmels emporgerichtet. Die Straßen der Stadt entfernten sich vom Rathaus in der Richtung der Meridiane, und die Meridionalen wurden von anderen durchschnitten, die in der Richtung der Parallelkreise strebten. Die Höhe und das Äußere aller Baulichkeiten waren gleichartig. Die Wände hatten keine Fenster, denn das Innere der Gebäude war durch Elektrizität beleuchtet. Elektrizität beleuchtete auch die Straßen. In Anbetracht des rauhen Klimas war über der Stadt ein das Licht abschließendes Dach errichtet worden, in das mächtige Ventilatoren eingelassen waren, zum beständigen Erneuern der Luft. Jene Länder des Erdballes kennen im Laufe des Jahres nur einen Tag von sechs Monaten und eine lange Nacht von gleichfalls sechs Monaten, doch die Straßen der Sternenstadt wurden beständig vom gleichen und klaren Lichte beschienen. Ganz ebenso, wie zu allen Jahreszeiten die Temperatur auf den Straßen künstlich auf der gleichen Höhe gehalten wurde. Nach der letzten Zählung erreichte die Zahl der Sternenstadtbewohner die Höhe von 2500000 Menschen. Die ganze übrige Bevölkerung der Republik, die auf 50000000 geschätzt wurde, verteilte sich auf die Hafenstädte und Fabriken. Diese Punkte bildeten gleichfalls Ansammlungen von Millionen Leuten und erinnerten in ihrem Äußeren an die Sternenstadt. Dank einer geistvollen Anwendung elektrischer Kraft, waren die Einfahrten aller offenen Häfen das ganze Jahr über eisfrei. Elektrisch betriebene Hängebahnen verbanden die bewohnten Orte der Republik miteinander und auf ihnen wurden täglich Zehntausende von Menschen und Millionen Kilogramm Waren aus einer Stadt in die andere befördert. Was das Innere des Landes anbetrifft, so blieb es unangesiedelt. Vor den Blicken der Reisenden, die durchs Waggonfenster schauten, zogen nur einförmige Wüsten vorbei, die im Winter völlig weiß und nur in den drei Sommermonaten von spärlichem Grase bewachsen waren. Wilde Tiere waren schon längst ausgerottet, und für das Leben fehlte dort jegliche Existenzmöglichkeit. Doch um so erstaunlicher war das angeregte Leben in den Hafenstädten und Fabrikzentren. Um einen Begriff von diesem Leben zu geben, sei nur erwähnt, daß in den letzten Jahren etwa sieben Zehntel allen Metalles, das auf der Erde zutage gefördert wurde, in den staatlichen Fabriken der Republik zur Umarbeitung gelangten